Die Nominierung des Buches „Finis Germania“ von Rolf Peter Sieferle hat in der Jury heftige Kontroversen und schließlich auch größeres Medienecho ausgelöst, da bis auf eine Ausnahme niemand aus der Jury dieses Buch wegen seiner völkisch-rechtsnationalistischen Ideologie als empfehlenswert betrachtet. Schon im Vorwort ist von einer „Umvolkung“ nach der identitären Ideologie die Rede, die „ethnisch-deutsche Bevölkerung“ werde überwältigt. Sieferle selbst macht sich auch für eine Holocaust-Leugnung stark, Auschwitz wird als „Mythos“ bezeichnet, die Juden würden „den Tätern und ihren Symbolen die Kraft ewiger Verworfenheit“ zuschreiben.
In diesem Fall konnte ein einzelner Juror durch wiederholtes Voting die Empfehlung durchsetzen. Die Voten werden von den Jurymitglieder bislang anonym eingereicht. Hier wird, sollte die Liste fortgesetzt werden, ein neuer Modus ausgearbeitet werden müssen, um solche U-Boote zu verhindern. Der Juror, ein Mitarbeiter des „Spiegel“, hatte sich auf wiederholte Anfragen aus dem Kreis der Juroren nicht gemeldet und erst einmal keinen Versuch gemacht, seine Entscheidung zu begründen. Schließlich warf er den anderen Jury-Mitglieder Illiberalität und zensierende „Konsenswärme“ vor und begründete seine Empfehlung als „Votum gegen einen Zeitgeist, der die Preisgabe der europäischen und der deutschen Kultur zugunsten eines diffusen Weltbürgertums propagiert“. – Florian Rötzer
Stellungnahme der Jury:
Auf die Sachbuch-Bestenliste des Monats Juni ist auf Position 9 das Buch „Finis Germania“ von Rolf Peter Sieferle geraten. Die Jury distanziert sich von Buch und Verlag und bedauert dessen Nominierung. Der Titel ist durch die Akkumulation von Punkten eines einzelnen Mitgliedes der Jury, Dr. Johannes Saltzwedel, Der Spiegel, auf die Liste gekommen. Da die Nominierungen für die Sachbuchliste ohne Abstimmung untereinander erfolgen, war die Nominierung von „Finis Germania“ den anderen Jurymitgliedern vor Veröffentlichung nicht bekannt. Johannes Saltzwedel hat inzwischen seinen Rücktritt aus der Jury erklärt und eine eigene Meldung veröffentlicht. Einstimmigkeit herrscht darüber, dass jedes Jurymitglied frei ist, seine Meinung durch die Vergabe von Punkten kundzutun. Wir akzeptieren jedoch keine politische Instrumentalisierung dieser Liste durch gezielte Platzierung. Im Übrigen werden wir das Verfahren der listenmäßigen Nominierung derart erneuern, dass eine solche Einzelplatzierung nicht mehr möglich ist.
gez. Andreas Wang für die Jury der Sachbuch-Bestenliste Berlin, d. 12.06.2017
Die Jury: René Aguigah, Deutschlandradio; Prof. Dr. Rainer Blasius, FAZ; Dr. Eike Gebhardt; Daniel Haufler, Berliner Zeitung; Dr. Otto Kallscheuer; Petra Kammann, in rheinkultur; Elisabeth Kiderlen; Jörg-Dieter Kogel, Radio Bremen; Prof. Dr. Ludger Lütkehaus; Prof. Dr. Herfried Münkler, Humboldt Universität zu Berlin; Dr. Jutta Person, Philosophie Magazin; Wolfgang Ritschl, ORF Wien; Florian Rötzer, TELEPOLIS; Sabine Sasse; Albert von Schirnding; Dr. Frank Schubert, Spektrum der Wissenschaft; Dr. Jacques Schuster, DIE WELT; Dr. Norbert Seitz, freier Mitarbeiter Deutschlandfunk; Hilal Sezgin; Dr. Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT; Dr. Andreas Wang, NDR Kultur; Dr. Uwe Justus Wenzel, Neue Zürcher Zeitung; Stefan Zweifel, Schweiz.