Ein Nachruf auf Micha Brumlik (10. Juli 1947 – 10. November 2025)
Die digitalisierte Mediengesellschaft hat die Rolle des öffentlichen Intellektuellen tiefgreifend verändert. Der Sozialphilosoph Habermas nennt als Grund dafür, den Aura-Verlust, d.h. das Abhandengekommensein der Kraft, noch einen Fokus bilden zu können. Micha Brumlik war einer der letzten hohen Repräsentanten dieser aussterbenden Gattung. Er mischte sich ein, ohne sich aber gleichsam in „diskursivem Schongang“ über Gott und die Welt zu verbreiten. Seine Stimme hatte Gewicht, er setzte Schwer-punkte. Es gab eine Zeitlang kaum eine geschichtspolitische Debatte, an der Brumlik nicht als wortgewaltiger Kritiker und Ratgeber in Erscheinung getreten wäre. So während der Auseinandersetzungen um das antisemitisch an-gehauchte Fassbinder-Stück „Die Stadt, der Müll und der Tod“ Mitte der 1980er Jahre am Schauspiel Frankfurt, um das Holocaust-Mahnmal in Berlin Ende der 1990er Jahre bis hin zum documenta-Skandal in Kassel 2023.

Micha Brumlik bei der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille (2016)

